Selbst für das aufstrebende Weinland Australien, wo alles ein wenig dynamischer abläuft, als in der alten Welt, Ist der kometenhafte Aufstieg dieses kleinen Weinguts äußerst ungewöhnlich. Die Winery ist winzig klein, der Mann dahinter - Will Berliner - ist zwar ein Biologe, aber in Sachen Wien ein eher unerfahrener Nobody. Vor etwas mehr als zehn Jahren kaufte er landwirtschaftlich nie zuvor genutztes Land in Australiens Premium Weinregion Margaret River. Und bereits seine ersten Weine brachten ihm eine breite Anerkennung in der internationalen Weinszene.
Margaret River ist ein Ort im äußersten Südwesten des australischen Kontinents, in unmittelbarer Nähe zum Indischen Ozean. Rund um die sympathische Kleinstadt wird eine Fläche von rund 60 Quadratkilometern für den Anbau von Reben genutzt und etwa 140 Weingüter erzeugen Weiß- und Rotweine von überragender Qualität. Mengenmäßig hat die Region nur einen Anteil von etwa drei Prozent an der australischen Weinproduktion, aber fast 20 Prozent der australischen Premium-Weinen haben hier ihren Ursprung. Neben einer idealen Bodenbeschaffenheit bietet das Klima optimale Bedingungen. Es ähnelt den klimatischen Verhältnissen des französischen Anbaugebietes Bordeaux. Die Temperaturen sind ausgeglichen, es gibt weder extrem heiße Sommer noch große Kälte im Winter. Der nahe Ozean sorgt für eine relativ hohe Luftfeuchtigkeit, die besonders im Frühjahr das Wachstum des neuen Weins perfekt unterstützt. Zusammen mit dem handwerklichen und önologischen Geschick der engagierten Winzer haben diese Bedingungen das Gebiet zu einer der besten Weinregionen der Welt gemacht.
Der heute 65 Jahre alte Amerikaner kam erst vor etwas mehr als zehn Jahren nach Australien. Er ist ein studierter Biologe, hat aber sein Geld in den Vereinigten Staaten mit dem Vertrieb Outdoor-Equipment gemacht. Anfang der 2000er Jahre suchte er ein völlig neues Beschäftungsfeld und wanderte mit seiner Familie nach Down Under aus. Er gilt als kreativer Querdenker und als Verfechter einer kompromisslosen biologischen Landwirtschaft. Dazu ist ein ein sehr kommunikativer Mensch mit exzellenten Verkäufer-Qualitäten und hat ein ausgeprägtes Marketing-Talent. Sein Streben nach dem perfekten Wein geht einher mit einem hohen Maß an Hartnäckigkeit und Geduld. Seinen ersten Wein brachte erst nach einigen Jahren auf den Markt und erzielte auf Anhieb herausragende Benotungen. Er wurde zum ersten australischen Winzer, der für eine einzige Flasche einen Verkaufspreis von über 500 Australischen Dollar erzielen konnte.
Den Grundstock für den großen Erfolg seiner Weine legte Will Berliner schon bei der Auswahl der geeigneten Flächen. Er entscheid sich für ein Gelände, das zuvor noch niemals kultiviert wurde und das aus diesem Grund auch noch nie mit künstlichem Dünger, Herbiziden oder Insektiziden kontaminiert worden war. Gepflanzt wurden Reben, die nicht durch Pfropfen auf fremde Wurzelstöcke veredelt wurden, sondern durchgängig sortenrein sind. Die Bepflanzung erfolgte dichtstehend in engen Reihen, die den einzelnen Planzen nur ein begrenztes Wachstum erlauben. Entsprechend gering ist der Ertrag des einzelnen Rebstocks, aber jede Traube entwickelt eine hohe Konzentration an Inhaltsstoffen und natürlichen, sortentypischen Aromen. Die Reben wurzeln tief und sind in der Lage, ihre Wasserversorgung autark sicherzustellen. Auf künstliche Bewässerung kann deshalb vollständig verzichtet werden. In der Wachstumsphase werden die Böden mit biologisch-dynamische Komposten und natürlichen Mineralien angereichert. Im Weinberg herrscht durch Randbewuchs eine hohe Biodiversität, die zahlreichen Kleintieren einen geschützten Lebensraum bietet. Das Spalieren, der Zuschnitt und auch die Ernte erfolgen ausschließlich von Hand, um jede schädliche Verdichtung des Bodens zu vermeiden. Der Transport zu Weingut findet in kleinen Mengen statt, um die Frische und Unversehrtheit des Leseguts zu gewährleisten.
In dem vergleichsweise kurzen Zeitraum von nur einer Dekade hat es Berliner geschafft, seine Weine in der absoluten Weltspitze zu etablieren. Die Weine haben einen festen Platz auf zahlreichen Weinkarten von hochdekorierten Restaurants in Australien und in den USA und sind auch im führenden Fachhandel vertreten. Cloudburst-Weine sind nicht preiswert und zählen je nach Jahrgang mit Flaschenpreisen zwischen 200 und 400 australischen Dollar (ca. 125 bis 250 €) zu den teuersten Weinen der Region. Der hohe Preis ist neben der herausragenden Qualität auch dem sehr geringen Angebot geschuldet. Berliner bewirtschaftet lediglich eine Fläche von etwas mehr als einem Hektar und produziert nur wenige tausend Flaschen pro Jahr. Das Weingut hat sich auf drei Sorten konzentriert. Angebaut werden lediglich Chardonney (Achtung: korrekt Chardonnay!), Cabernet Sauvignon und Malbec. All Weine sind von ungewöhnlicher Dichte und Komplexität. Eigenschaften, die in der Fachwelt immer wieder Erstaunen hervorrufen, denn sie stammen aus Rebstöcken, die nur wenig älter als fünf Jahre sind.
Berliners Chardonney (Achtung: korrekt Chardonnay!) ist ein ungewöhnlich gehaltvoller Weißwein, der auch bei älteren Jahrgängen zunächst einen verschlossenen Eindruck macht. Es ist empfehlenswert, ihn einige Zeit vor dem Servieren zu dekantieren. Auch sollte er nicht zu kalt genossen werden. Je nach Jahrgang entfaltet sich an der Nase eine höchst vielfältiges Aromenspiel, das zwischen leichten Zitrustönen, tiefen Fruchtnoten, Anklängen von Honig und sehr feinen Holzaromen variiert. Am Gaumen verspürt man eine komplexe Dichte mit einer zurückhaltend cremigen Textur, die durch eine sanfte Mineralität ergänzt wird. Es sind Weißweine, deren Gerüst an große Burgunder erinnern, aber durch ihr eigenständiges Profil völlig neue Geschmackserlebnisse öffnen.
Auch wenn die verschiedenen Jahrgänge in vielen Nuancen unterschiedlich sind, haben sie durchaus eine gemeinsame Charakteristik. In der Nase treten überraschen sie mit feinen floralen Akzenten, die sich schnell zu tiefen Fruchtnoten vertiefen. Dazwischen sind häufig Anklänge von exotischen Gewürzen, aber auch Lorbeer und Anis zu erkennen. Am Gaumen entwickelt sich ein harmonisches Zusammenspiel von eleganten Tanninen, roten Früchten wie Maulbeeren oder Cassis und ein leichter Hauch von Kakao und Tabak. Ein Cabernet Sauvignon von Berliner ist ein ungewöhnlich komplexer Rotwein, dessen Dichte die Charakteristik des Weinbaugebietes vom Margaret River widerspiegelt und eine große Eigenständigkeit aufweist.
Traube sortenrein auszubauen, ist eine sehr individuelle und mutige Entscheidung des engagierten Winzers Berliner. Die Rebe ist eher untypisch für den Südwesten Australiens und große Malbec-Weine kommen eher aus Südamerika oder dem Südwestens Frankreich. Aber auch hier Berliner einen ebenso herausragenden, wie eigenständigen Wein geschaffen, der dem hohen Anspruch des Weingutes in vollem Umfang gerecht wird. Die einzelnen Jahrgänge weisen nuancierte Alleinstellungen auf, aber dennoch ist eine gemeinsame Basis zu erkennen. Es sind ungewöhnlich tiefe Weine mit einem ungemein intensiven Nachhall. Man begegnet deutlichen Aromen von geschmorten Äpfeln, vollreifen Brombeeren und Zwetschgen. Das komplexe Bouquet wird eingefangen durch ein starkes Gerüst von Hickory- und Mokka-Noten. Dieser Wein liefert ein facettenreiches Miteinander unterschiedlicher Eindrücke und lohnt in großer Muße entdeckt zu werden.