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Schloss Johannisberg im Rheingau: Ein Jahrtausend Weinbau zwischen Legende und Innovation

Im Herzen des Rheingaus, wo der Rhein seine majestätische Biegung nach Norden vollzieht und die sanften Hänge des Taunus die Landschaft wie ein schützender Mantel umarmen, thront Schloss Johannisberg – ein Name, der wie kein anderer für die Seele des deutschen Weinbaus steht. Seit über 900 Jahren ist dieses Anwesen nicht nur ein Ort der Rebe, sondern ein lebendiges Archiv europäischer Geschichte, ein Schmelztiegel von Religion, Politik, Kunst und handwerklicher Perfektion. Die Geschichte des Weinguts ist geprägt von klösterlicher Hingabe, fürstlicher Macht, zufälliger Entdeckung und einer unerschütterlichen Liebe zum Riesling. Wer heute durch die Weinberge wandert, spürt den Atem der Jahrhunderte; wer einen Schluck seines Weins kostet, trinkt die Essenz einer Landschaft, die seit jeher als Wiege der deutschen Weinkultur gilt.

Die Wurzeln: Von Mönchen, Bischöfen und dem Mut zur Monokultur

Die Ursprünge des Weinbaus am Johannisberg reichen bis in eine Zeit zurück, in der Wein nicht Genussmittel, sondern Lebenselixier war – Sakrament, Medizin und Handelsgut zugleich. Im Jahr 1100 gründeten Benediktinermönche auf dem sonnenverwöhnten Südhang oberhalb des Rheins ein Kloster. Sie nannten den Ort zunächst „Bischofsberg“, später zu Ehren Johannes‘ des Täufers „Johannisberg“. Die Mönche, geleitet von ihrem Glauben und ihrem Wissen über die Heilkraft der Natur, erkannten früh das Potenzial des Terroirs: Die steilen, südgerichteten Hänge, die mineralreichen Böden aus Quarzit, Schiefer und Löss, sowie das milde Mikroklima des Rheintals schufen ideale Bedingungen für den Weinbau. Doch erst im 18. Jahrhundert sollte der Johannisberg seine weltweite Berühmtheit erlangen.

Im Jahr 1720 traf der Fuldaer Fürstabt Konstantin von Buttlar eine revolutionäre Entscheidung: Auf den rund 20 Hektar des Anwesens sollte fortan ausschließlich Riesling angebaut werden. Es war die erste dokumentierte Monokultur dieser Rebsorte weltweit – ein mutiges Experiment, das den Grundstein für den Mythos des Rheingauer Rieslings legte. Die Mönche führten akribisch Buch über Wetterbedingungen, Erntezeitpunkte und Weinqualität, was heute als frühe Form der terroirgestützten Weinwissenschaft gilt. Doch der größte Coup gelang ihnen ausgerechnet durch einen Zufall.

1775: Der verpasste Kurier und die Geburt der Spätlese

Im Herbst 1775 warteten die Winzer des Johannisbergs ungeduldig auf die Erlaubnis des Fuldaer Fürstbischofs, die Trauben lesen zu dürfen – eine damals übliche Praxis, um Steuern und Abgaben zu kontrollieren. Doch der mit der Ernteerlaubnis beauftragte Bote verzögerte sich um Wochen. Als er endlich eintraf, waren die Trauben bereits von Edelfäule (Botrytis cinerea) befallen, ihre Schale zu Rosinen geschrumpft. In ihrer Verzweiflung kelterten die Mönche die Trauben dennoch – und entdeckten staunend, dass der daraus entstandene Wein von ungeahnter Süße und Komplexität war. Diese „späte Lese“ markierte die Geburtsstunde der Spätlese und legte den Grundstein für das deutsche Prädikatssystem, das Weine nach ihrem Reifegrad klassifiziert. Von Kabinett bis Trockenbeerenauslese – alle diese Begriffe, heute globaler Standard, wurzeln in jenem herbstlichen Missgeschick am Johannisberg.

Metternich, Goethe und die Blütezeit des 19. Jahrhunderts

Die Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts beendete die klösterliche Ära. Nach kurzen Intermezzi unter nassauischer und napoleonischer Herrschaft fiel der Johannisberg 1816 an den österreichischen Staatsmann Klemens von Metternich, der ihn als Belohnung für seine diplomatischen Verdienste auf dem Wiener Kongress erhielt. Unter den Metternichs erlebte das Weingut seine goldene Ära. Sie ließen das Schloss im neogotischen Stil umbauen, mit Türmchen und Zinnen, die bis heute das postkartenreife Bild des Rheingaus prägen. In ihren prachtvollen Salons trafen sich Europas Eliten: Johann Wolfgang von Goethe, der hier über die „Harmonie von Natur und Geist“ philosophierte; Otto von Bismarck, der seine politischen Triumphe mit Johannisberger Riesling feierte; und Königin Victoria, die den 1842er Auslese als „göttlichen Nektar“ pries.

Die Metternichs modernisierten auch den Weinbau. Sie vertieften die historischen Gewölbekeller, in denen noch heute riesige Eichenfässer lagern, und führten die farbigen Siegellacke ein – ein genialer Marketingcoup, der die Qualitätsstufen visuell kodierte: Grün für Spätlese, Rot für Kabinett, Rosa für Auslesen und Gold für die edelsten Trockenbeerenauslesen. Zugleich etablierten sie den Johannisberg als kulturelles Zentrum. Konzerte, Dichterlesungen und philosophische Diskurse fanden zwischen den Weinregalen statt, während draußen die Rebe weiter gedieh.

Terroir: Der Boden, der Himmel und der Fluss

Das Terroir des Johannisbergs ist ein Zusammenspiel geologischer und klimatischer Faktoren, die dem Riesling seine unverwechselbare Prägung verleihen. Die Weinberge steigen in einer Neigung von bis zu 45 Grad aus dem Rheintal empor – ein natürliches Amphitheater, das jede Sonnenstrahl einfängt. Der Rhein selbst wirkt als Klimaregulator: Im Sommer speichert er Wärme, die er nachts an die Reben abgibt; im Herbst sorgt sein Nebel für die Feuchtigkeit, die die Edelfäule begünstigt.

Die Böden sind ein Mosaik aus Verwitterungsgestein. Im unteren Bereich dominieren eisenhaltiger Tonschiefer und Löss, die dem Wein Kraft und Frucht geben. Weiter oben durchziehen Quarzitadern den Schiefer – ein mineralisches Fundament, das den Rieslingen ihre berühmte salzige Frische verleiht.

Vom Rebstock ins Glas: Die Philosophie des Weinmachens

Die Arbeit im Weinberg folgt am Johannisberg einem Rhythmus, der Tradition und Moderne verbindet. Die Lese erfolgt ausschließlich per Hand, oft in mehreren Durchgängen, um jede Traube im optimalen Reifezustand zu erwischen. Im Keller setzt man auf spontane Vergärung mit natürlichen Hefen – eine Methode, die zwar risikoreich ist, aber das volle Spektrum des Terroirs einfängt. Die Jungweine reifen je nach Stil in Edelstahl oder großen alten Eichenfässern, die dem Wein Struktur verleihen, ohne ihn mit Holznoten zu überdecken.

Ein besonderes Augenmerk gilt der Nachhaltigkeit. Seit 2019 setzt das Weingut auf ökologischen Anbau, verzichtet auf Herbizide und fördert die Biodiversität durch Begrünung der Rebzeilen. Selbst die uralten Steinmauern, die die Steillagen stützen, werden mit heimischen Kräutern bepflanzt, um Insekten Lebensraum zu bieten. „Wir sind keine Besitzer dieses Landes, sondern nur seine Hüter“, betont Winzer Christian Witte, dessen Familie seit Generationen am Johannisberg arbeitet.

Die Sprache des Weins: Von Gelblack bis Goldlack

Die Weine des Schlosses sind ein sensorisches Lexikon des Rheingaus. An der Spitze steht der Goldlack, eine Trockenbeerenauslese, die nur in herausragenden Jahren entsteht. Aus von Edelfäule konzentrierten Trauben gekeltert, vereint er Honig, Mangofrucht und eine schier endlose Mineralität – ein Wein, der Jahrzehnte überdauert. Die Rosalack (Auslese) hingegen ist zugänglicher, aber nicht minder komplex: Sein Spiel aus reifer Pfirsichnote, einer Spur Petrol und lebhafter Säure macht ihn zum perfekten Begleiter für asiatische Küche oder kräftigen Käse.

Doch der Johannisberg hat auch seine trockenen Seiten: Der Silberlack, ein VDP Grosses Gewächs, besticht durch seine mandelige Textur mit Zitrusnoten und salziger Frische. Und dann ist da noch der Sekt, nach traditioneller Flaschengärung hergestellt: Ein Rieslingsekt, dessen Perlage so fein ist wie die Reflexion des Mondlichts auf dem Rhein.

Ein Ort der Kultur: Mehr als nur Wein

Schloss Johannisberg ist längst kein reines Weingut mehr, sondern ein kultureller Leuchtturm. In der Bibliothek lagern Flaschen aus jedem Jahrgang seit 1748 – ein flüssiges Geschichtsbuch. Die 1945er Lage, gekeltert in den Trümmern des Zweiten Weltkriegs, erzählt von der Zähigkeit der Menschen; die 1971er TBA, geboren im „Jahrhundertsommer“, atmet die Euphorie einer neuen Ära. Das Schloss selbst dient als Bühne für klassische Konzerte, bei denen Mozarts Klänge mit dem Gläserklinkern verschmelzen.

Auch die Architektur ist Symbolträger: Der 30 Meter tiefe Brunnen im Innenhof, aus dem die Mönche einst ihr Wasser schöpften, erinnert an die klösterlichen Wurzeln. Die Kapelle, ein Juwel des Barock, beherbergt Fresken, die Szenen aus dem Leben Johannes‘ des Täufers zeigen – eine stille Hommage an den Namenspatron.

Die globale Strahlkraft: Wie der Johannisberg die Welt des Weins prägte

Der Einfluss des Weinguts reicht weit über den Rheingau hinaus. Im 19. Jahrhundert wurden Reben des Johannisbergs in die USA, nach Australien und Neuseeland exportiert, wo man sie stolz als „Johannisberg Riesling“ vermarktete – ein Gütesiegel, das bis heute für Authentizität steht. Selbst die Reblauskrise, die Europas Weinbau im späten 19. Jahrhundert verwüstete, überstand das Gut dank der Metternich’schen Weitsicht: Man veredelte frühzeitig auf amerikanische Unterlagsreben, eine Pionierleistung.

Auch in der Wissenschaft setzte der Johannisberg Maßstäbe. Die „Johannisberger Protokolle“, detaillierte Aufzeichnungen über Klima und Ernten, dienen noch heute als Referenz für die Erforschung des Klimawandels. Und die Entdeckung der Edelfäule-Gärung inspirierte Winzer von der Tokajer Region bis nach Sauternes.

Herausforderungen der Moderne: Klimawandel und die Suche nach Balance

Heute, unter der Führung der Familie Oetker (seit 1942), steht Schloss Johannisberg vor neuen Aufgaben. Die Erderwärmung bringt frühere Blütezeiten, höhere Zuckerwerte und die Gefahr von Extremwetter. „Wir müssen lernen, mit der Natur zu tanzen, nicht gegen sie“, erklärt Gutsdirektor Witte. Die Antworten sind vielschichtig: In höheren Lagen werden kühlere Parzellen revitalisiert; der Blattschnitt wird optimiert, um die Trauben vor Sonnenbrand zu schützen; und in Versuchsreihen testet man alte Rieslingklone, die langsamer reifen.

Gleichzeitig bleibt man der Tradition verpflichtet. Die Lese erfolgt weiter per Hand, die Gärung natürlich, und jedes Fass wird individuell betreut. Selbst die farbigen Siegellacke – mittlerweile ein Markenzeichen – sind geblieben, ebenso wie die jährliche „Übergabe“ der ersten Trauben an die örtliche Gemeinde, ein Brauch aus dem Mittelalter.

Epilog: Wo die Zeit im Fass reift

Schloss Johannisberg ist mehr als ein Weingut. Es ist ein lebendiges Monument, das die Widersprüche der Zeit in sich vereint: Mittelalterliche Mystik und moderne Ökologie, aristokratische Pracht und bäuerliche Bodenständigkeit, deutsche Gründlichkeit und globale Ambition. Seine Weine sind keine Massenware, sondern Boten eines Ortes, an jeder Schluck eine Geschichte erzählt – von Mönchen, die im Kerzenschein kelterten; von Diplomaten, die Europa neu ordneten; und von Winzern, die Tag für Tag dem Rhythmus der Rebe lauschen.

Als der Dichter Stefan Zweig 1932 den Johannisberg besuchte, schrieb er: „Hier trinkt man nicht Wein, man trinkt Jahrhunderte.“ Und so wird es bleiben. Denn solange der Rhein an diesen Hängen vorbeifließt und die Sonne sich in den alten Schiefersteinen spiegelt, wird Schloss Johannisberg ein Ort sein, an dem Vergangenheit und Zukunft im Glas verschmelzen – stets verwurzelt in der Poesie des Rieslings.

Historische Eckdaten

  • Gründung: 1100 als Benediktinerkloster „Bischofsberg“, später umbenannt in „Johannisberg“ zu Ehren Johannes’ des Täufers.

  • Erste Riesling-Monokultur: 1720 unter Fürstabt Konstantin von Buttlar – weltweit erstes Weingut, das ausschließlich Riesling anbaute.

  • Geburtsstunde der Spätlese: 1775, als ein verspäteter Bote die Edelfäule-Ernte ermöglichte.

  • Säkularisation: 1803 Aufhebung des Klosters, Übergang an Nassau, dann an Napoleon’s General Kellermann.

  • Metternich-Ära: 1816 schenkte der Wiener Kongress das Gut Klemens von Metternich als Dank für seine diplomatischen Verdienste.

  • Moderne Besitzer: Seit 1942 im Besitz der Familie Oetker (heute unter der Holding „Henkell Freixenet“).

Weinbau & Kellertechnik

  • Anbau: Seit 2019 ökologisch (keine Herbizide, Begrünung, Biodiversitätsförderung).

  • Lese: Ausschließlich Handlese, oft in mehreren Durchgängen („Tries“).

  • Gärung: Spontanvergärung mit wilden Hefen, teils in Stahltanks, teils in großen Eichenfoudres.

  • Alterung: Traditionelle Lagerung in tiefen Gewölbekellern (bis 30 m unter der Erde).

  • Produktionsmenge: Ca. 150.000 Flaschen/Jahr (hohe Selektion).

Klassifikation & Weine

  • Farbcodierung seit 1820 (Metternich-System):

    • Rotlack→ Kabinett (fruchtig, leicht).

    • Grünlack→ Spätlese (reif, harmonisch).

    • Goldlack → Trockenbeerenauslese (edelsüß, luxuriös).

    • Gelblack → Qba Riesling.

    • Silberlack → VDP GG.

  • Sekt: Traditionelle Flaschengärung („Méthode Traditionelle“), hauptsächlich aus Riesling.

  • Legendäre Jahrgänge:

    • 1842 Auslese (von Queen Victoria gelobt).

    • 1945 (trotz Kriegszerstörung produziert).

    • 1971 („Jahrhundert-Jahrgang“).


Kultur & Architektur

  • Schlossbau: Neogotischer Stil (19. Jh.) mit markanten Türmen und Rheinblick.

  • Bibliothek: Enthält über 8.000 Flaschen, darunter jede Ernte seit 1748.

  • Kapelle: Barocke Fresken mit Szenen aus dem Leben Johannes’ des Täufers.

  • Historische Gäste: Goethe, Bismarck, Königin Victoria, Zar Alexander I.

Weltweiter Einfluss

  • Rebenexport: Im 19. Jh. wurden Johannisberger Riesling-Reben in die USA, Australien und Neuseeland gebracht (dort als „Johannisberg Riesling“ vermarktet).

  • Wissenschaft: Die „Johannisberger Protokolle“ (Klima- und Erntedaten seit 1700) sind eine der ältesten Weinbau-Dokumentationen.

Herausforderungen & Zukunft

  • Klimawandel: Frühere Lesezeiten, Experimente mit hitzetoleranteren Klonen.

  • Nachhaltigkeit: Solaranlagen, Wassermanagement, CO₂-Reduktion.

  • Tradition vs. Moderne: Bewahrung der Handlese, aber Einsatz von Drohnen zur Rebenkontrolle.

Kurioses & Brauchtum

  • Weinübergabe: Jährliches Ritual, bei dem die ersten Trauben der Ernte an die Gemeinde geschenkt werden.

Schloss Johannisberg ist nicht nur ein Weingut, sondern ein lebendiges Stück europäischer Kulturgeschichte – wo jeder Tropfen eine Erzählung bewahrt.



Leitsatz Weingut Schloss Johannisberg: 

„Tradition verpflichtet – Innovation beflügelt. Seit 1100 prägt man die Kultur des Rieslings, verehrt das einzigartige Terroir und keltert Weine von zeitloser Eleganz, die Geschichte atmen und Zukunft gestalten.“