Philipponnat: Ein Champagnerhaus mit königlicher Geschichte und unverwechselbarem Terroir-Charakter
Im Herzen der Champagne, in dem malerischen Dorf Mareuil-sur-Aÿ, steht eines der ältesten und zugleich innovativsten Champagnerhäuser: Philipponnat. Seit über fünf Jahrhunderten wird hier Weinbau betrieben, doch erst seit dem 17. Jahrhundert widmet sich die Familie Philipponnat ganz der Kunst der Champagnerherstellung. Was dieses Haus so besonders macht, ist seine tiefe Verbundenheit mit dem Terroir von Mareuil-sur-Aÿ – einem der wenigen Premier Cru-Dörfer der Champagne – sowie sein unverwechselbarer Stil: kraftvoll, doch elegant, reich an Aromen, aber stets mit einer präzisen Säurestruktur. Philipponnat steht für Champagner, die nicht nur prickeln, sondern Geschichten erzählen – von historischen Rebflächen, von handwerklicher Perfektion und von einer Familie, die sich leidenschaftlich dem Wein verschrieben hat.
Die Wurzeln: Eine Familie mit königlichen Verbindungen
Die Geschichte der Familie Philipponnat reicht bis ins Jahr 1522 zurück, als die ersten urkundlichen Erwähnungen des Namens in der Champagne auftauchten. Doch erst 1910 gründete Pierre Philipponnat das heutige Champagnerhaus, nachdem die Familie über Generationen hinweg als Weinbauern und -händler tätig war. Ein besonderes Kapitel der Geschichte ist die Verbindung zu König Ludwig XV., der die Weine aus Mareuil-sur-Aÿ schätzte und sie an seinem Hof servieren ließ. Noch heute zeugt das königliche Wappen im Logo des Hauses von dieser traditionsreichen Vergangenheit.
Ein weiterer Meilenstein war der Erwerb der berühmten Parzelle "Clos des Goisses" im Jahr 1935 – einer der steilsten und sonnenverwöhntesten Weinberge der Champagne, der heute als eine der besten Lagen der Region gilt. Dieser klimatische Sonderling, direkt an der Marne gelegen, produziert Trauben von außergewöhnlicher Reife und Konzentration, die den Champagnern von Philipponnat ihre unverwechselbare Tiefe verleihen.
Das Terroir von Mareuil-sur-Aÿ: Mineralität und Finesse
Mareuil-sur-Aÿ ist eines von nur 17 Dörfern in der Champagne, die den Status eines Premier Cru tragen. Die Böden hier sind geprägt von Kalkstein und Mergel, die den Weinen eine markante Mineralität und Langlebigkeit verleihen. Philipponnat besitzt rund 20 Hektar eigene Rebflächen, darunter einige der ältesten Parzellen der Champagne.
Die Besonderheit des Terroirs liegt in seiner Ausrichtung: Die Hänge von Mareuil-sur-Aÿ sind nach Süden und Südosten exponiert, was eine optimale Sonneneinstrahlung garantiert. Gleichzeitig sorgt die Nähe zur Marne für ein gemäßigtes Mikroklima, das die Trauben vor extremen Wetterbedingungen schützt. Die wichtigsten Rebsorten sind Pinot Noir (der etwa 60 % der Anpflanzungen ausmacht) und Chardonnay, wobei Philipponnat besonders auf alte, wurzelechte Reben setzt, die tief in den Kalkboden eindringen und so ein einzigartiges Aromenspektrum entwickeln.
Clos des Goisses: Eine Legende unter den Champagnerlagen
Die Krönung des Philipponnat-Portfolios ist zweifellos der "Clos des Goisses" – ein Champagner, der seit 1935 fast unverändert aus derselben, nur 5,5 Hektar großen Parzelle vinifiziert wird. Was diesen Wein so besonders macht, ist seine außergewöhnliche Reife: Mit einer Neigung von bis zu 45 Grad und einer südlichen Ausrichtung reifen die Trauben hier unter nahezu mediterranen Bedingungen.
Der Clos des Goisses wird nur in herausragenden Jahrgängen produziert und besteht typischerweise aus etwa zwei Dritteln Pinot Noir und einem Drittel Chardonnay. Nach mindestens acht Jahren Flaschenreifung entwickelt er ein Aromenspektrum, das von reifen Aprikosen über kandierte Ingwerwurzeln bis hin zu rauchigen Mineralnoten reicht – ein Champagner von beispielloser Komplexität und Tiefe.
Die Philipponnat-Philosophie: Respekt vor dem Terroir
Was Philipponnat von vielen anderen Champagnerhäusern unterscheidet, ist der konsequente Verzicht auf technische Manipulationen. Chef de Cave Charles Philipponnat (der das Haus bis 1999 leitete) und sein Nachfolger setzen auf:
Spontanvergärung: Anders als viele große Häuser verwendet Philipponnat keine industriellen Hefen, sondern lässt die natürlichen Hefen des Kellers die Gärung übernehmen – für mehr Terroir-Ausdruck.
Lange Hefekontaktzeit: Die meisten Cuvées reifen mindestens doppelt so lange auf der Hefe wie vom Gesetz vorgeschrieben, was ihnen zusätzliche Komplexität verleiht.
Zurückhaltende Dosage: Die meisten Philipponnat-Champagner liegen bei einer Dosage von unter 8 g/l, wodurch die natürliche Frische des Weines im Vordergrund steht.
Das Portfolio: Von der klassischen Cuvée bis zur Rarität
Royale Réserve Non Dosé: Ein puristischer Champagner ganz ohne Dosage, der die reine Mineralität von Mareuil-sur-Aÿ zeigt.
1522: Die Prestige-Cuvée des Hauses, benannt nach dem Gründungsjahr der Familie, eine harmonische Assemblage aus Pinot Noir und Chardonnay.
Clos des Goisses: Die legendäre Einzellagen-Cuvée, die nur in den besten Jahren produziert wird.
Grand Blanc: Ein reiner Chardonnay aus Grand Cru-Lagen, der mit seiner floralen Eleganz überzeugt.
Die Zukunft: Tradition und Innovation im Einklang
Seit der Übernahme durch die EPI-Gruppe (die auch Château La Lagune besitzt) im Jahr 1997 hat Philipponnat seine Qualitätsstandards weiter ausgebaut. Investitionen in moderne Pressen und eine noch strengere Parzellenselektion zeigen, dass das Haus die Tradition bewahren will, ohne sich neuen Technologien zu verschließen.
Gleichzeitig setzt Philipponnat zunehmend auf nachhaltigen Anbau: Seit 2015 sind alle eigenen Weinberge HVE-zertifiziert, und erste biodynamische Versuche laufen bereits.
Fazit: Champagner mit Charakter
In einer Region, in der viele große Häuser auf gleichbleibende Stile setzen, bewahrt Philipponnat mutig seine Individualität. Ob der kraftvolle Clos des Goisses oder die filigrane Royale Réserve – jeder Champagner dieses Hauses trägt die unverkennbare Handschrift von Mareuil-sur-Aÿ. Für Kenner ist Philipponnat seit jeher ein Geheimtipp; für das Haus selbst ist es die Verpflichtung, die Seele der Champagne in jeder Flasche lebendig zu halten.
1. Historische Wurzeln & Entwicklung
Familienursprünge: Die Philipponnats sind seit dem 16. Jahrhundert in Aÿ ansässig, einer der ältesten Weinbaugemeinden der Champagne.
Offizielle Gründung des Hauses: 1910 durch Pierre Philipponnat, der das Weingut als eigenständige Marke etablierte.
Moderne Ära: Seit 1997 Teil der Boizel Chanoine Champagne Group (heute Lanson-BCC), behält Philipponnat aber eine hohe Autonomie in der Produktion.
2. Die legendäre Einzellage: Clos des Goisses
Bedeutung: Einer der ersten "Single-Vineyard"-Champagner der Champagne (seit 1935 im Sortiment).
Geologie:
Boden: Tiefe Kreideschicht mit Mergel, extrem durchlässig → konzentrierte Mineralität.
Mikroklima: Süd-Südost-Exposition, steiler Hang (45° Neigung) → optimale Sonneneinstrahlung.
Rebsorten: 55% Pinot Noir, 45% Chardonnay (ursprünglich sogar 60/40).
Vinifikation:
Holzfassausbau (teils neue Barriques).
Lange Hefelagerung: Mindestens 8 Jahre, oft länger (z. B. 2002er Clos des Goisses lag 12 Jahre auf der Hefe).
Dosage: Meist Extra Brut (0–6 g/l), manchmal Brut Nature (0 g/l).
Jahrgangsabhängigkeit: Clos des Goisses wird nur in Top-Jahren produziert (z. B. 2008, 2012, 2015).
3. Weitere Schlüssel-Cuvées im Detail
Royale Réserve Brut (Non-Vintage)
Rebsortenmix: 65% Pinot Noir (v. a. Aÿ, Mareuil-sur-Aÿ), 30% Chardonnay (Avize, Cramant), 5% Meunier.
Reserveweine: Bis zu 30% aus älteren Jahrgängen (Solera-System).
Reifung: 3 Jahre auf der Hefe, Dosage 7 g/l.
Geschmacksprofil: Reife Aprikose, Honig, leichte Rauchnote.
1522 (Millésime oder NV)
Herkunft: Fast ausschließlich Grand Cru-Lagen (Aÿ, Mareuil-sur-Aÿ).
Pinot Noir-dominiert (oft 80%+), teilweise kleiner Chardonnay-Anteil.
Stil: Kraftvoll, dunkle Beerenfrüchte, langer Abgang.
Blanc de Blancs Grand Cru
100% Chardonnay aus Avize, Cramant, Oger.
Reifung: 5+ Jahre auf der Hefe.
Charakter: Zitrus, weißer Pfirsich, salzige Mineralität.
4. Weinbereitung & Philosophie
Terroir-Fokus: Kein einheitlicher "Hausstil", sondern lagengetreue Ausdrucksformen.
Holzfassnutzung: Vor allem für Clos des Goisses und Reserveweine (kein starker Rösteffekt).
Nachhaltigkeit:
Lutte raisonnée ("kontrollierter" Anbau).
Keine Vollbio-Zertifizierung, aber Pestizidminimierung.
5. Zahlen & Exklusivität
Gesamtrebfläche: ~18 Hektar (davon 5 ha Clos des Goisses).
Produktionsmenge Clos des Goisses: Nur 10.000–15.000 Flaschen/Jahr (je nach Jahrgang).
Preissegment:
Royale Réserve: ~50–60 €.
Clos des Goisses: 300–600 € (je nach Jahrgang).
6. Aktuelle Highlights & Jahrgänge
2015 Clos des Goisses: 98 Parker-Punkte, gilt als einer der besten Jahrgänge des Jahrzehnts.
1522 Rosé: Seltene Cuvée mit langer Maischestandzeit (kein Saignée-Verfahren).
7. Kurioses & Anekdoten
Namensherkunft "Goisses": Alter Dialektausdruck für "steiler Hang".
Historische Verbindung: Die Familie belieferte im 18. Jh. den Hof Ludwigs XV.
Philipponnat steht für Präzision, Terroir-Treue und handwerkliche Meisterschaft – besonders der Clos des Goisses ist ein Champagner für Puristen.